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XX. Carovana romantica

Petra und Helmut Huber aus Linz auf großer Fahrt

Publiservice Italia s. r. l.

14. bis 25. Mai 2004

Wir sind ja schon ein bisserl herumgekommen in Europa auf Rallies, aber alles, was weiter entfernt startete, wurde mit Hänger- oder LKW-Transport erreicht. Nicht zuletzt, weil der Gepäckraum unserer beiden antiken Lieblinge doch recht beschränkt ist – der Preis, den man dafür zahlt, schnittig-elegant unterwegs zu sein.

Als wir Ende letzten Jahres von der XX. Carovana romantica erfuhren, die bis Sizilien gehen sollte, waren wir daher etwas unentschlossen – es war keine größere österreichische Gruppe zusammenzustellen, also schied ein Hödlmayr-Transport aus. Solch eine große Rallyestrecke schien eher für den Auburn geeignet, der sich mit seinen 1.750 kg Leergewicht bürgerlichen Transportmethoden widersetzt, und so stand eine komplett auf eigener Achse erledigte Reise im Raum. Also Gepäckreduktion aufs Notwendigste (Petra: „Weh mir!“). Erleichtert dadurch, dass wir in allen Hotels auf der Rallye zwei Nächte verbrachten, eine Auffrischung des Wäschevorrates also möglich war. Gelobt sei REI in der Tube, bewährt seit Generationen.

Wir starteten am 12. Mai; die erste Etappe ging bis Innsbruck-Igls, wo wir im Römerhof freundlichste und familiäre Aufnahme fanden; am Donnerstag erreichten wir Sirmione am Gardasee, an beiden Tagen von einigen schauerartigen bis schauerlichen Regengüssen begleitet. Aber: Mai-Regen bringt Segen, heißt es zumindest für die Landwirtschaft; für uns motorisierte Asphaltpflanzen (die über ein doch etwas kompliziert aufzustellendes Roadsterdach verfügen, das nur GANZ unten im Kofferraum Platz hat) ist der Segen nicht so klar erkennbar. Allerdings, wenn man sich an den Satz vom niemals unpassenden Wetter, aber der passend zu wählenden Kleidung hält, kommt man sogar bei unwirtlichsten Bedingungen überraschend gut voran.

Die letzte Etappe bis zum Treff in Genua führte uns quer durch die Po-Ebene und über Piacenza ins wunderschöne Trebbia-Tal (gutes Mittagessen im „Ristorante Piacentino“ am Hauptplatz von Bobbio). An der Mole trafen wir viele von DAVC-Alpenfahrt, Transappenninica, Radda- und Richard-Grand-Rallies bekannte Gesichter und Autos, deren Besitzer überwiegend aus D, CH, NL und GB stammten. Aus Österreich war Johannes Walderdorff aus Salzburg im 1940er Packard angereist. Das Feld von 54 Startern setzte sich je etwa zur Hälfte aus Vor- und Nachkriegsfahrzeugen zusammen, wobei Marken wie Bentley (auch 4 W. O.), Rolls Royce, Lagonda, Jaguar und Mercedes-Benz dominierten. Immerhin aber gab es auch 3 Packards und einen Star zu sehen, was einem selten widerfährt. Ältestes Auto war ein 1923er Springfield Silver Ghost mit Playboy Karosserie, angereist aus Basel.

Mit der GNV/Grimaldi-Fähre erreichten wir nach etwa 20 Stunden ruhigster Seefahrt in komfortablen Kabinen Palermo. Empfang beim Bürgermeister im „Palazzo delle Aquile“, und in schon tiefer Nacht (etwa 22 Uhr) Fahrt zum Hotel, etwa 12 km außerhalb in Richtung Cefalú. Die Elektrik mancher Autos reagierte auf diese – keineswegs einzige – Nachtfahrt mit fundamentalem Protest. Leider stellte sich schon auf den ersten Metern nach der Fähre heraus, dass es ein größeres Problem gab – Kopfdichtungsschaden an einem Graham Paige vom 1929; es blieb der einzige Totalausfall auf der Veranstaltung.

Autopflege (überwiegend männlich) Badefreuden (überwiegend weiblich) und Besichtigung von Monreale und Palermo per Bus standen am Sonntag am Programm. Montags quer durchs Land – sehr grün nach wochenlangen Regenfällen, mit gelben Akzenten durch den blühenden Ginster – zum Weingut Conte Tasca d’Almerita. Weinverkostung und Mittagessen in stilvoller Umgebung (wenn man von der ultramodernen Kellertechnik absieht, die dort verwendet wird – aber die ist gut versteckt). Am späteren Nachmittag Besichtigung der Tempelanlagen bei Agrigento, und im ziemlich kühlen Abendwind, der allerdings ein Gewitter vor uns her weg blies, nach Piazza Armerina.

Der Dienstag führte uns nach einer Besichtigung der „Mosaikvilla“ (in der man die aus dem 3. Jahrhundert stammenden Bikini-Sportlerinnen gefunden hat) nach Taormina, wo wir wieder genug Zeit für Besichtigung (und die braucht man in der wunderbaren Umgebung!) hatten; allerdings wartete um 10 Uhr abends noch eine 55 km lange Etappe nach Messina auf uns, zur Fähre zurück aufs Festland. Wohl auf Konto dieser erneuten langen Nachtfahrt gingen mehrere gestorbene Lichtmaschinen.

Fehlendes Scheinwerferlicht war allerdings am folgenden Tage kein Problem: die „Amalfitana“ lag in hellem Sonnenschein, als wir von Salerno aus wieder die italienischen Straßen unter die Räder nahmen. Heftiges Kurbeln am Lenkrad, zurücksetzen vor Kurven, in denen man Autobussen begegnete, und andere Mühen wurden aber mit einer Abfolge von spektakulären und einzigartigen Panoramen belohnt. Nach Rast in Atrani konnte man am späteren Nachmittag auch noch ein paar Blicke auf Capri erhaschen. Die nächsten zwei Nächte verbrachten wir in Sant Agata sue Due Golfi, was sich angehörs des munteren nächtlichen Gebells und Geheuls der streunenden (wenngleich sehr freundlichen) Hunde mit Fug & Recht auch Sant’Agata sui Cento Cani nennen könnte. Am Donnerstag, den 20. Mai, Bootsrundfahrt zwischen den Isole de Li Galli und der Bucht von Ieranto, wobei wir tiefe Einblicke in die Weisheiten italienischer Seefahrt erhielten – die Passagiere wurden auf die zwei für je 50 Passagiere zugelassenen Schinakeln mit folgenden Worten verteilt: „Cinquanta li, cinquanta la, e poi verdiamo“ („50 dort, 50 da, und dann sehgma scho“); vorsichtshalber fuhren insgesamt nur ca. 80 Leute mit, was uns eine genauere Defintion des „poi vediamo“ ersparte.

Am Abend ein schöner dunkelroter Sonnenuntergang – aber nicht bei Capri, sondern bei Ischia; Rudi Schuricke muß das Lied von den Fischern im Winter aufgenommen haben, dann stimmt es mit der Geographie überein.

Freitags an Neapel und Gaeta vorbei wieder eine lange Etappe nach Sabaudia, einer um 1934 in den trocken gelegten pontinischen Sümpfen errichteten, sichtlich an Bauhaus-Prinzipien orientierten Stadt – die italienischen Faschisten haben ja weniger gegen Modernität in der Kunst gehabt als die Nazis. Auch dort wieder ein Tag mit Besichtigungen (Naturschutzgebiete, eine römische Villa, die Abtei von Fossanova, in der Augustinus verstorben ist, und schließlich ein Museum, das sich u. a. mit den heftigen Kämpfen im Rahmen der alliierten Landung bei Anzio befasst). Das Hotel „Oasi di Kufra“ direkt am Meer gelegen, verwöhnte unsere Ohren mit Brandungsrauschen statt Hundegebell.

Leider regnete es wieder, als wir uns am nächsten Tage nach Norden, ins Etruskische (Tarquinia) und in die Toskana aufmachten. Unsere Begeisterung über die wunderschöne Gegend um Massa Marittima wurde allerdings durch ein arg fehlerhaftes Hotel getrübt, das mit eiskalt-feuchten Zimmern ohne Heizung und vor allem auch weitestgehend nicht funktionierender Warmwasserversorgung aufwartete. Diese Eindrücke konnte auch das dort servierte hervorragende Essen nicht mindern.

Nach einem Besuch in Volterra am Montag machten wir uns am 25. Mai auf den Heimweg, wobei wir den Apennin diesmal auf dem Passo della Cisa überquerten, der bei Parma auf die Poebene führt. In Erbusco nahe Brescia gönnten wir uns eine Übernachtung in einem Hotel GANZ anderer Klasse als in den beiden vorherigen Nächten. Schließlich erreichten wir wieder über Sirmione und Igls Linz, 2.072 Meilen mehr am Tacho als 2½ Wochen davor.

Wir haben 1 Sicherung, 2 l Öl und 4 Liter Wasser verbraucht, nebst ein paar 100 Litern Benzin. Außerdem war in Piazza Armerina ein Türscharnier gebrochen, was dazu führte, dass der Rest der Fahrt mit einer mittels Paketband verklebten Fahrertüre zurückgelegt wurde (ein Grund mehr, sich mit der Beifahrerin stets gut zu stellen); für ein 75 Jahre altes Auto und die zurückgelegte Strecke keine schlechte Bilanz.

Sicher ging es auf der Fahrt nicht gerade mit preußischer Ordnung ab, aber schlussendlich funktionierte – vom Hotel Vittoria in Pian dei Mucini bei Massa Marittima abgesehen – alles; man weiß nicht immer: wie – aber zählt das? Wir meinen: nein. Wir haben wunderschöne Gegenden gesehen, in die wir – schon gar mit dem Oldtimer – ohne diese Rallye kaum gekommen wären. Gutes Essen in Italien extra zu erwähnen, ist sozusagen überflüssig.

Der Traum von Gianalberto d’Amassa, dem Organisator dieser Veranstaltung seit mehr als 20 Jahren, wäre es, einmal eine "Carovana" mit Ziel Ägypten zu veranstalten – Tunesien ist 2001 schon besucht worden. Es ist zu hoffen, dass die politischen Verhältnisse es erlauben. Nächstes Jahr will er eher in heimatlicher Umgebung bleiben, also im Raum Neapel. Wer sich dafür interessiert, sollte bei www.carovanaromantica.it nachsehen bzw. an Publiservice Italia, Via Tasso 69, I - 80121 Napoli publiservice@connexia.com schreiben.